Zur Unterstützung der vielseitigen Initiativen in ihrer Region hat die Volksbank Mittelhessen ein wegweisendes Förderkonzept etabliert. In Wettbewerben können sich Aktive und Vereine vorstellen und um Unterstützung für ihre Vorhaben werben. Über 1,5 Millionen Euro kamen so 2020 den Menschen in der Region zugute. Sieger des großen Umweltpreises ist die Elterninitiative Waldkindergarten Wildlinge. Die Bank unterstützt das Projekt, damit die Kita schon bald feste Wurzeln schlagen kann.
Dreckiger als Felix kann man wohl kaum werden. Der blonde Junge baut mit seinen Freundinnen und Freunden zuerst einen Damm aus Stöcken, befestigt ihn mit dunkelbraunem Matsch, den er sich manchmal gedankenverloren ins Gesicht schmiert, wirft dann Steine in das aufgestaute Rinnsal. Das Wasser spritzt hoch, sodass auch Amelie die Rückseite ihres pinken T-Shirts braun gefärbt bekommt. Sie lacht laut, während sie selbst mit ihren Armen bis zu den Ellenbogen in der Pampe steckt. Auch die anderen Kinder spielen gerade frei vor sich hin, reden, schreien auch manchmal laut herum; aber sie achten auch aufeinander, sprechen miteinander, helfen sich gegenseitig, ihre Ideen umzusetzen.
Miriam König und Lydia Schmidt-Köroglu schauen sich das Treiben ganz entspannt an, manchmal nur greifen sie ein, wenn eines der kleineren Kinder, die heute mit dabei sind, zu nah am Rand des Wassers steht. Die beiden Frauen besuchen heute wieder einmal das Waldstück in Hadamar-Oberzeuzheim im mittelhessischen Landkreis Limburg-Weilburg, das, wenn es nach ihnen geht, lieber heute als morgen zur Heimat ihrer Kinder werden soll. Als erste und zweite Vorsitzende der Elterninitiative Waldkindergarten Wildlinge e. V. arbeiten sie gemeinsam mit anderen Müttern und Vätern daran, hier einen Waldkindergarten aufzubauen, den demnächst 20 Kinder besuchen sollen.
„Nicht meckern, sondern etwas tun …“
„Wir haben unseren älteren Nachwuchs in vergleichbaren Einrichtungen in anderen Gemeinden gehabt und haben das Konzept lieben gelernt“, erzählt Miriam König. „Die Kinder sind den ganzen Tag draußen und lernen so viel über die Natur, das ist wirklich toll.“ Lydia Schmidt-Köroglu nickt. „Ich merke immer wieder, wie sie noch heute davon profitieren. Sie wissen so viel und sind auch sehr kommunikativ.“ Das Problem war nur, dass die Nachbargemeinden vor einiger Zeit die Zuschüsse für ortsfremde Kinder gestrichen haben und die Kita-Plätze sowieso immer weniger wurden. „Für uns war schnell klar, dass wir nicht nur meckern, sondern etwas tun wollten, direkt hier in Hadamar“, erinnert sich Miriam König. Die Sozialpädagogin las sich ein, überlegte, sprach mit Freunden und gründete eine Elterninitiative als eingetragenen Verein. „Das Tolle ist, dass wir so viele engagierte Leute gefunden haben, die sich alle einbringen“, ergänzt Lydia Schmidt-Köroglu, die selbst als Projektmanagerin bei der Fraport AG arbeitet. Ihr Mann ist dort ebenfalls beschäftigt, als Personalleiter, Miriam Königs Mann ist Handwerker, andere Mitgründerinnen und Mitgründer kommen aus dem Garten- und Landschaftsbau oder aus dem Finanzbereich. „Wir haben allein durch unsere Berufe alle Funktionen mit drin und können so vieles selbst abdecken.“
Die einzige Schwierigkeit, die bleibt, ist die Finanzierung. Rund 80.000 Euro Investitionskosten muss die gemeinnützige Initiative stemmen, um unter anderem einen Unterstand und einen Raum zu bauen. Denn obwohl die Kinder bei Wind und Wetter draußen sind, kann es doch Tage geben, an denen sie etwa wegen Sturmgefahr nicht in den Wald können – die Betreuung für die Gruppe muss aber verlässlich weitergehen können.
Großer Umweltpreis der Volksbank Mittelhessen
Einen Anschub für das Projekt hat die Volksbank Mittelhessen geleistet. Der künftige Waldkindergarten gewann den Großen Umweltpreis der Bank und damit 5.000 Euro. „Ich bin von dem Projekt sehr begeistert, weil die Gruppe hier mit so viel Eigenleistung und -initiative etwas erreichen möchte“, sagt Thomas Cornelius, der heute zum zweiten Mal im Wald schaut, wie es den engagierten Eltern – und natürlich auch den Kindern – geht. „Die Projektunterlagen, die die Initiative eingereicht hat, haben die Jury unseres Hauses begeistert. Deswegen hat es mich besonders gefreut, dass wir die Wildlinge auszeichnen konnten und so unseren Beitrag leisten können“, sagt der Regionaldirektor der Volksbank Mittelhessen, der für das Privatkundengeschäft in einem 120 mal 100 Kilometer großen Gebiet zuständig ist – als einer von vier Kollegen in dieser Funktion.
Vielseitige Förderwettbewerbe
Der Waldkindergarten steht dabei stellvertretend für Hunderte von Vereinen und Initiativen, die die Volksbank unterstützt. Sie hat dafür in den vergangenen Jahren ein System von Förderwettbewerben aufgebaut, das mehrere Zwecke erfüllt. „Wir haben auch früher schon viele Ehrenamtliche gefördert, aber es war oft so, dass wir nicht immer zielgerichtet helfen konnten“, sagt Thomas Cornelius. Bei der großen Anzahl von Kunden und der geografischen Ausdehnung des Geschäftsgebiets konnte niemand wissen, welche Initiativen wirklich einen positiven Effekt haben. „Mit den Wettbewerben möchten wir eine gerechte Verteilung der Fördergelder erreichen und insbesondere die Vereine, die sich aktiv in der Region einbringen, die Menschen begeistern und die Region weiterbringen, unterstützen“, erklärt Cornelius.
Zehn Wettbewerbe, 1,5 Millionen Euro
Insgesamt hat die Bank auf diese Weise 2020 in zehn Wettbewerben 1,5 Millionen Euro verteilt, an mehr als 800 Initiativen. Die Ausschreibungen funktionieren dabei höchst unterschiedlich. Bei „Wünscht euch was, dann kriegt ihr das!“ müssen Vereine so viele Likes auf Instagram wie möglich bekommen; Menschen, die Projekte für die Nachwuchsförderung oder die Unterstützung von Senioren initiieren, bewerben sich bei „Projekte für Jung und Alt“; bei „Grund zum Feiern!“ machen Vereine mit, die ein Jubiläum oder auch ein Kulturevent planen; „Heimliche Helden“ zeichnet Menschen aus, die sich selbstlos für andere engagieren. Außerdem gibt es Wettbewerbe exklusiv für Genossenschaftsmitglieder, bei denen die Hilfe zur Selbsthilfe unterstützt wird. Und der Große Umweltpreis fließt an Initiativen, die zum Beispiel für den Erhalt eines naturnahen Waldschwimmbads kämpfen, Obstbäume pflanzen und pflegen – und eben einen neuen Waldkindergarten gründen.
Dort, wo dieser bald entstehen soll, sitzen die Kinder gerade im Kreis zusammen. Michaela Reinz leitet die Gruppe an, die ein Lied singt, das darin gipfelt, dass alle losrennen und Bäume umarmen. Die Natur wird auf diese Weise wertgeschätzt, sie gehört einfach dazu. Die Erzieherin, die mit den Gründerinnen befreundet ist, betreut heute ausnahmsweise die Kleinen: quasi als Vorgeschmack darauf, was alles möglich sein wird. „Bei der Waldpädagogik kommen viele positive Effekte zusammen“, sagt Michaela Reinz. „Die Kinder lernen im Wald die Natur kennen, spielerisch mit Erlebnissen und mit Experimenten, und zwar jeden Tag, bei jedem Wetter, ob es regnet oder schneit. Sie sind immer hier und machen ihre Erfahrungen, und zwar aus erster Hand.“
Jede Menge Waldwissen
Gleichzeitig bauen sie mehr oder weniger nebenbei ein riesiges Wissen auf, wie ein paar Minuten später zu sehen ist. Die Kinder stehen gebeugt und schauen gebannt auf den Boden. „Das ist eine Raupe, die sich bald verpuppt und danach zum Schmetterling wird“, erklärt die Erzieherin und setzt das kleine Insekt den Kindern auf die Hand. „Ihr könnt sie ganz vorsichtig anfassen, dann fühlt ihr die kleinen Härchen.“ Spielerisch verlieren sie ihre Scheu, sehen den Wald mit ihren Augen. Vor allem das macht Michaela Reinz mehrmals deutlich: „Die Kleinen haben einfach einen Riesenspaß hier im Wald, das merken wir in jeder Sekunde!“