Die Förderung von Biodiversität ist der Volksbank Oberberg ein zentrales Anliegen. Es brummt und summt in Oberberg. Denn: neuerdings zählen 500.000 Bienen zum erweiterten Personal. Mit der Betreuung von zehn Bienenstöcken verbindet die Bank ökologische mit ökonomischen Aspekten und leistet einen Beitrag für mehr Nachhaltigkeit in der Region. Überdies erntet das Institut rund 200 Kilogramm Honig pro Jahr und versüßt damit Kitas und Grundschulen den Alltag.
Sebastian Klein geht um die beiden Bienenstöcke herum, die auf einer kleinen gepflasterten Fläche direkt neben dem Parkplatz der Volksbank Oberberg stehen. Er bückt sich, hebt ein wenig trockenes Laub auf und stopft es in seinen Smoker. Mit einem Feuerzeug zündet er den Brennstoff an, der erst eine helle Flamme gibt, danach glimmt – und vor allem Rauch erzeugt. „Die Bienen mögen das nicht, sie empfinden das als Bedrohung und bereiten sich innerlich darauf vor, den Stock zu verlassen“, erklärt der Imker. „Ich kann so ruhiger und vor allem stichfrei am Bienenvolk arbeiten.“ Mit sicherem Griff nimmt er den silbernen Metalldeckel ab, dann eine Holzplatte und hebt schließlich eine Wabe heraus, auf der sich Hunderte Bienen tummeln.
500.000 Bienen
Neugierig schaut ihm Ingo Stockhausen dabei zu. Der Vorstandsvorsitzende der Volksbank Oberberg hat mit Sebastian Klein und dessen Kollegen Heiko Neumann seit zwei Jahren zu tun. Die beiden Imker vermieten der Bank mit ihrer Firma PlanBee zehn Bienenstöcke mit insgesamt 500.000 Bienen, die über das Geschäftsgebiet verteilt in Gärten von Bankmitarbeiterinnen und -mitarbeitern stehen. Sie kümmern sich zudem um die Pflege der Bienen und auch um die Produktion des Honigs.
Was hat eine Bank mit Bienen zu tun? „Wir haben unsere Strategie in den vergangenen Jahren immer nachhaltiger ausgerichtet, weil wir seit je auch abseits unserer Aufgabe als Finanzdienstleister eine Rolle spielen“, erklärt Ingo Stockhausen. „Diese Projekte haben wir ,Zukunftsinitiative für Oberberg‘ genannt, mit ihr bündeln wir unsere Aktivitäten und investieren in unsere heimische Region, in der die Menschen gerne leben und arbeiten.“ Dazu gehört zum Beispiel der Bereich der Elektromobilität. „Für unsere Hauptstelle haben wir drei reine Elektrofahrzeuge angeschafft, mit denen unsere Kundenbetreuer zu ihren Kunden fahren. Außerdem haben wir in Ladestationen für E-Bikes investiert.“ In Sachen Naturschutz unterstützt die Bank das Projekt „Kind trifft Tier“ auf dem Klosterhof Bünghausen in Gummersbach, das es auch Kindern aus einkommensschwachen Familien ermöglicht, einmal auf einem Bauernhof mit Tieren in Kontakt zu kommen.
Engagement für Naturschutz und Biodiversität
Die Bienenstöcke unterstreichen ebenfalls das Engagement der Bank für Naturschutz und Biodiversität. „Bienen gehören zur Region und zu unserem Leben dazu, erst recht hier, wo wir ja sehr ländlich, kleinstädtisch geprägt sind“, macht Ingo Stockhausen klar. „Neben der Ökologie haben wir aber auch einen ökonomischen Nutzen: Wir brauchen Bienen, um unsere Obstwiesen hier zu bestäuben.“ Einen weiteren Vorteil nennt der Bankvorstand dann noch ganz am Rande: „Wir verschenken jedes Jahr die rund 200 Kilogramm Ernte und machen damit Menschen eine große Freude.“ Im ersten Jahr profitierten über 70 oberbergische Kindertagesstätten, Kindergärten und Grundschulen von der süßen und gleichzeitig gesunden Überraschung, 2020 dann die Tafeln im Geschäftsgebiet, die Bedürftige mit Essensspenden versorgen.
Für Sebastian Klein und Heiko Neumann ist dieses Vorgehen genau richtig. Die beiden Imker, die sich bei einem Projekt zur Solidarischen Landwirtschaft kennenlernten, sind mit ihren ursprünglichen Berufen gar nicht so weit von der Bank entfernt. Heiko Neumann war Bankkaufmann, Coach und in der Schuldnerberatung tätig, Sebastian Klein war Grafikdesigner und Marketingberater. „Wir haben uns irgendwann umorientiert, um viel fokussierter etwas zu tun, was Ökologie und Ökonomie vereint“, sagt Heiko Neumann. Beide imkern schon seit Jahren, mit Herz und Leidenschaft. „Wenn wir die Bienenvölker beobachten, nehmen wir unsere gesamte Umwelt besser wahr und verstehen die Regeln der Natur.“ Die Insekten haben auch eine große wirtschaftliche Bedeutung. Die über 2.000 heimischen Nutz- und Wildpflanzenarten sind zu über 80 Prozent auf die Bestäubungsleistung der Bienen angewiesen. „Die Biene ist das drittwichtigste Nutztier in der Landwirtschaft und leistet daneben auch wichtige Pionierarbeit etwa auf Flächen, die rekultiviert werden sollen“, sagt Neumann.
Transformation zu mehr Nachhaltigkeit
Aber die Biene ist in Gefahr und deswegen wollten Neumann und Klein noch mehr tun als nur eigene Völker zu züchten. „Wir wollen dazu beitragen, die Landwirtschaft hin zu mehr Nachhaltigkeit zu transformieren und haben dann überlegt, wie wir die Biene vielleicht nutzen können, um diese Idee der Transformation noch in ganz andere Gesellschaftsschichten zu tragen“, sagt Sebastian Klein. „Wir stellten uns die Frage, welche Unternehmen sich für die Umwelt oder auch gesellschaftlich nachhaltig engagieren und ob wir mit ihnen vielleicht zusammenarbeiten können.“
Rundumbetreuung für Bienenvölker
Die beiden gründeten 2018 PlanBee, das Unternehmen, das Bienenstöcke an interessierte Firmen und Organisationen vermietet. Rund 40 Völker mit etwa zwei Millionen Bienen betreuen Neumann und Klein nun, und es werden immer mehr. PlanBee leistet eine Rundumbetreuung der Bienenvölker und verarbeitet in der eigenen Imkerei auch den Honig, füllt ihn in Gläser ab und gestaltet auch individuelle Etiketten, damit jeder Kunde seinen eigenen Honig in den eigenen Firmengläsern wieder zurückbekommt.Die zehn Stöcke der Volksbank Oberberg stehen an insgesamt neun Standorten. „Das ist sehr sinnvoll, weil wir so erstens ein größeres Gebiet abdecken und zweitens eine große Vielfalt an Honig bekommen“, sagt Heiko Neumann. Die Bienen bedienen sich an ganz verschiedenen Blüten, wie zum Beispiel von Kirsch-, Apfel- und Kastanienbäumen, Weißdorn, Weißklee, Löwenzahn oder Brombeeren. „Außerdem können wir durch diese räumliche Verteilung auch mehr Menschen Nachhaltigkeit vorleben.“
An einem dieser Standorte, in Gummersbach-Dieringhausen, erwartet heute Jörn Richling die beiden Imker. Sie sind dorthin gefahren, um den Stock zu kontrollieren, den der Bereichsleiter für das Privat- und Gewerbekundengeschäft der Volksbank Oberberg am Rande seines Gartens untergebracht hat. Für Richling und seine Familie war es gar keine Frage, den Platz zur Verfügung zu stellen. „Wir sind in der Region stark verwurzelt und dezentral ausgerichtet. Deswegen haben wir auch die Stellplätze über das gesamte Geschäftsgebiet verteilt“, sagt Richling. „Das unterstreicht unsere Strategie.“
Auch seine Partnerin Julia Buchkremer und die drei Söhne Ben, Titus und Paul haben sich daran gewöhnt, dass es in der einen Ecke immer summt und brummt. „Wir haben bisher noch überhaupt keine negativen Erfahrungen gemacht“, sagt Julia Buchkremer. „Im Gegenteil, wir finden das immer wieder spannend, was mit den Bienen passiert.“ Jörn Richling selbst interessierte sich sowieso schon seit längerer Zeit für Bienen, erzählt er. „Wie sie im Bienenstock miteinander kommunizieren und wie sich jede auch in den Dienst der Gemeinschaft stellt, ist sehr interessant. Außerdem lernen unsere Jungs eine ganze Menge. Sie schauen dem Imker immer gern über die Schulter.“ Und der letzte Vorteil ist ebenfalls nicht von der Hand zu weisen: „Unsere Obstbäume blühen jedes Jahr wunderschön“, sagt Jörn Richling. „Aber seitdem die Bienen bei uns beheimatet sind, können wir deutlich mehr Früchte ernten.